Mediationszentrum Karlsruhe
Tipps privat

Tipps vom Profi für Ihre künftige Gesprächsführung bei Trennung und Scheidung - und besser schon vorher!

Vorbemerkung

Ich brauche Ihnen hier sicher nicht zu beschreiben, wie Sie (oder irgend jemand) sich fühlen, wenn Sie mitten in der Trennung und Scheidung von einem Lebenspartner stecken. Das wissen Sie selbst am besten. Weil es für eine friedliche und einvernehmliche Trennung wichtig ist, möchte ich Sie dennoch auf zwei Wesensmerkmale einer Trennung hinweisen:

  1. die fortgeschrittene Entfremdung und
  2. das entstandene Misstrauen.

Das Verlöschen der Liebe und das Schwinden von Sympathie füreinander hat sehr viel mit einseitiger oder auch beiderseitiger Entfremdung zu tun. Wenn sich zwei Menschen einmal "gefunden hatten", verliebt waren, anfangs in großer Liebe miteinander gelebt hatten, dann ist es keine Frage, dass diese Menschen zueinander passen - auch wenn hinterher immer wieder Gegenteiliges zu hören ist: "Wir passten von Anfang an nicht zueinander." Die Entfremdung ist dann die wesentliche Ursache der Trennung.

Was ist mit Entfremdung gemeint? Jeder hat von sich selbst ein bestimmtes Bild. Jeder kennt natürlich die eigenen (!) Ansichten, Gedanken, Beweggründe, Motive für das äußerlich sichtbare eigene Verhalten. Jeder weiß natürlich auch, was er meint, wenn er etwas sagt. Andere dagegen haben es tatsächlich schwer, richtig zu erkennen, welche wirklichen Ansichten, Gedanken, Beweggründe, Motive man hat und was man wirklich mit dem Gesagten meint. Auch der Lebenspartner hat es damit schwer. Die Sprache ist zwar das beste verfügbare Mittel, sich gegenseitig verständlich zu machen; sie ist aber trotzdem noch ein sehr schwaches und fehlerträchtiges Mittel. Im Laufe des Zusammenlebens, kommt es immer wieder zu Situationen, in denen einer den anderen falsch versteht, in denen aus dem Verhalten des anderen falsche Schlüsse auf dessen Beweggründe gezogen werden. Mit "falsch" meine ich, dass das Bild des einen über den anderen von dem abweicht, was der andere selbst meint oder was er selbst über sich und seine Beweggründe denkt. In der Zeit des Verliebtseins wird der andere gerne positiver gesehen, als er sich selbst sieht. In der Zeit danach, wenn die "weiße Weste" erste Flecke hat, dann wird der andere zunehmend negativer gesehen, als er sich selbst sieht. Ihm/ihr werden dann leicht unschöne oder unlautere Absichten für ein gerade gezeigtes Verhalten unterstellt, die er/sie gar nicht wirklich hat. Solche subjektiv negativen Erlebnisse mit dem anderen (Missverständnisse) bleiben im Gedächtnis des Partners kleben wie eine Klette. Oft kommen sie erst nach Jahren zum ersten Mal zur Sprache und lösen beim Partner große Verwunderung aus, weil er die Geschichte ganz anders erlebte und gar nicht mehr in Erinnerung hat, eben weil sie für ihn subjektiv nicht negativ war. Solche Missverständnisse führen zur Entfremdung.

Entfremdung tritt ein, wenn das Bild, das die Frau von ihrem Mann im Kopf hat, sich immer mehr von dem Bild unterscheiden, dass der Mann von sich selbst im Kopf hat. Umgekehrt, für das, was Mann über Frau denkt, gilt natürlich das gleiche. Das Bild vom anderen ist deshalb fast immer negativer und düsterer als dessen eigenes Bild von sich selbst.

Genau genommen handelt es sich um eine völlig unnötige Entfremdung. Würden beide frühzeitig (schon in den ersten Tagen des Verliebtseins) darauf achten, dass keine Missverständnisse entstehen oder dass entstandene Missverständnisse schnellstens behoben werden, dann bräuchte es nicht zur Entfremdung zu kommen. Das ist freilich alles andere als leicht, kann aber von jedem gelernt werden.

Misstrauen entsteht aus dieser Entfremdung. Der Partner wird nicht nur immer fremder und unsympathischer, sondern auch immer undurchschaubarer. Er scheint immer unzuverlässiger und widersprüchlicher zu werden. Frau kann Mann und/oder Mann kann Frau nicht mehr richtig trauen.

Mit diesen Merkmalen Entfremdung und Misstrauen ist jede Trennung und Scheidung verknüpft.

Die allerwichtigste Regel für Sie

Wenn Sie nun eine möglichst friedliche und einvernehmliche Trennung und Scheidung wollen (wer will das in Wirklichkeit nicht?!), dann müssen Sie immer, bei jedem Schritt, den Sie Ihrem Partner / Ihrer Partnerin gegenüber unternehmen, darauf achten, dass Entfremdung und Misstrauen bei Ihrem Partner bzw. Ihrer Partnerin sich nicht weiter verstärken, sondern dass sie sich im Gegenteil wieder reduzieren!

Warum Sie das müssen

Bei einer Trennung und Scheidung gibt es zwischen den Partnern immer noch mehr oder weniger zu regeln. Das gilt ganz besonders, wenn gemeinsame, minderjährige Kinder da sind.

Sie können die anstehenden Dinge durch einen Richter entscheiden (regeln) lassen. Das bedeutet normalerweise Kampf ums Recht, Kampf um den Richter, Kampf ums Geld, Kampf um die Kinder usw. usf. Entfremdung und Misstrauen verstärken sich ins Unerträgliche.

Eine friedliche und einvernehmliche Regelung bekommen Sie nur, wenn Sie sich mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin über die zu regelnden Dinge verständigen und gemeinsam - möglichst ohne viel Einmischung von Dritten - einigen ("vertragen"). Damit meine ich nicht einen Vertrag, den einer dem anderen diktiert und aufzwingt. Sondern ich meine freiwillige Verpflichtungen, hinter denen jede Seite auch wirklich steht.

Wann aber ist ein Vertrag freiwillig?

Ein freiwilliger Vertrag liegt dann vor, wenn zwei Komponenten gegeben sind: eine rationale und eine emotionale Komponente.

  1. Auf rationaler Ebene müssen für den jeweiligen Vertragspartner Leistung und Gegenleistung "stimmen".
  2. Auf emotionaler Ebene muss das erforderliche Vertrauen in den Vertrag, besser: in den Vertragspartner vorhanden sein.

Zur Verdeutlichung: Wenn Sie morgens zum Bäcker gehen und Brötchen kaufen, dann machen Sie und der Bäcker einen freiwilligen Vertrag. Auf rationaler Ebene sind für Sie beide Leistung (Brötchen) und Gegenleistung (Geld) fair, angemessen oder wie auch immer. Das allein reicht aber nicht. Denn, wenn Sie eines Tages einmal unfreundlich bedient werden und Ihr Vertrauen erschüttert wird, dann werden Sie dort vermutlich nicht mehr einkaufen, sondern zweihundert Meter weiter zum nächsten Bäcker gehen, um fortan dort Ihre Brötchen zu kaufen, - obwohl sich auf rationaler Ebene (Leistung und Gegenleistung) nichts geändert hat.

Aus diesem Grund sollen Sie alles daran setzen, die Entfremdung und das Fortschreiten des Misstrauens bei Ihrem Partner / Ihrer Partnerin zu stoppen und umzukehren.

Wenn Sie sich einmal überlegen, welche Menschen Ihnen sympathisch und welche unsympathisch sind, werden Sie mir sicher beipflichten: sympathisch sind Ihnen diejenigen, bei denen Sie das Gefühl haben, verstanden zu werden. Unsympathisch sind Ihnen diejenigen, bei denen Sie das Gefühl haben, unverstanden zu sein. Ganz ähnlich ist es in Bezug auf die Frage, wem Sie vertrauen und wem nicht.

Wie Sie das machen

Das ist nicht so leicht - aber machbar und erlernbar!

    • Es hat überhaupt keinen Sinn, explizit über Vertrauen usw. mit dem anderen reden zu wollen mit dem Ziel, der andere möge einem doch wieder vertrauen. Positive Emotionen kann man nicht herbei reden! Sparen Sie sich also den Versuch, den Partner darüber belehren zu wollen, dass sie beide nur genügend Vertrauen ineinander haben müssten, um eine Trennung friedlich zu gestalten. Wenn Sie Ihrem Partner einfach nur sagen: "Du musst vertrauen zu mir haben!", dann werden Sie ganz sicher kein Vertrauen erzeugen.
    • Sie sollen vielmehr sehr genau hinhören, wenn Ihr Gegenüber erklärt, was für ihn im Hinblick auf Ihren Streit und dessen Lösung wichtig ist.
    • Nehmen Sie sich Zeit, Ihrem Partner genau zuzuhören! Je mehr Zeit Sie darauf verwenden, desto größer ist die Chance, dass Sie eine einvernehmliche Trennung erreichen (vielleicht kommt es auch gar nicht mehr zur Trennung).
    • Ein sehr nützliches und wichtiges Mittel, die Vertrauensbildung zu fördern, ist, dem Gegenüber mit Gesten, knappen Worten oder einem kurzen Satz zwischendurch zu erkennen zu geben, dass bzw. was sie von ihm verstanden haben: "Wenn ich dich recht verstanden habe, meinst du, dass... ". Wichtig ist, dass Sie genau verstehen, was die andere Seite meint, und dass Sie mitteilen, was Sie verstanden haben.
    • Wenn Sie Ihren Partner falsch verstanden haben, er/sie Sie also korrigiert, dann lassen Sie diese Korrektur unbedingt zu. Es wäre völlig falsch, darum zu streiten, dass Ihr Partner aber gerade "etwas anderes gesagt" hat. Es kommt nicht darauf an, was gesagt wurde oder was Sie verstanden haben. Es kommt alleine auf das an, was Ihr Partner meint, und darauf, dass Ihr Partner das Gefühl (wieder) bekommt, von Ihnen richtig verstanden zu werden. Sie müssen sich so oft korrigieren lassen, bis Ihr gegenüber das Gefühl hat, von Ihnen richtig verstanden zu sein!
    • Mit verstehen ist nicht akzeptieren zu verwechseln. Sie sollen nicht, wenn sie nicht wollen, den Standpunkt Ihres Gegenüber akzeptieren. Sie sollen ihn aber richtig verstehen.
    • Umgekehrt wollen und sollen auch Sie richtig verstanden werden. Achten Sie darauf, dass Ihre Ansicht der Dinge richtig verstanden wurden. Lassen Sie sich wiedergeben, was Sie erklärt haben. Bestehen Sie darauf, dass Sie ebenfalls richtig verstanden werden: "Ich will dich richtig (nicht falsch) verstehen. Ich will aber auch, dass du meinen Standpunkt richtig verstehst."
    • Sie müssen aber damit beginnen, den anderen richtig zu verstehen, bevor Sie von ihm verlangen können, dass auch er Sie richtig versteht.
    • Erst wenn Sie beide die Sicht auch des anderen zu einem Streitpunkt verstanden haben, können Sie beginnen, nach Lösungen zu suchen.
    • Wenn Sie Vorschläge zu einzelnen Streitpunkten unterbreiten, dann fragen Sie, ob und welche Bedenken dazu bestehen. Auch hier müssen Sie auf richtiges Verstehen achten.
      Übergehen Sie Bedenken oder Einwände Ihres Partners nicht! Fragen Sie Ihren Partner, wie diese Bedenken ausgeräumt oder minimiert werden könnten! Danach fragen heißt noch nicht, sich dem gleich zu unterwerfen.
    • Machen Sie deutlich, dass Sie nur das miteinander ausgemacht haben wollen, worüber Sie sich ausdrücklich, vielleicht sogar schriftlich, geeinigt haben.
    • Machen Sie keine Teilvereinbarungen, sondern nur Vereinbarungen, die alle Streitpunkte erfassen. Ausnahme: Sie müssen wegen Zeitnot etwas bestimmtes sofort regeln.

Bei alledem gibt es auch professionelle Hilfe: den Mediator!

PS: Es haben auch schon viele Paare wieder zusammengefunden, nachdem Sie diese Tipps befolgt hatten! Siehe auch Tipps für Paare!

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